06.02.2012

Initiative für Erbschaftssteuern


Aktuell läuft eine Unterschriftensammlung für eine Initiative zur Einführung einer eidgenössischen Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die Sammelfrist läuft am 16. Februar 2013 ab, ein allfälliges neues Gesetz könnte frühestens 2015 in Kraft treten. Wir geben Ihnen hier ein paar Anhaltspunkte, die es zu berücksichtigen gilt und weisen Sie auf mögliche Probleme hin, mit denen Betroffene konfrontiert werden könnten.

Bisherige Regelung

Auf Bundesebene werden keine Erbschafts- und Schenkungssteuern erhoben. Praktisch alle Kantone erheben solche Steuern (ausser SZ), wobei direkte Nachkommen in den meisten Kantonen befreit sind. Häufig hängt die Höhe der Steuer vom Gesamtbetrag der Erbschaft bzw. Schenkung ab sowie vom Verwandtschaftsgrad zwischen Erblasser und Erbe (Schenker und Beschenkter). Besteuert wird der Erbe (Beschenkte), massgeblich sind jedoch die Bestimmungen des Kantons, in dem der Erblasser (Schenker) Wohnsitz hatte.

Inhalt der Initiative:

  • Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Bundesebene. Die Kompetenz, solche Steuern zu erheben und diese auszugestalten (wer, wie hoch) liegt neu beim Bund, nicht mehr bei den Kantonen.
  • Einmalige Freigrenze von 2 Mio. CHF
  • Freibetrag von CHF 20'000 pro Person und Jahr für Gelegenheitsgeschenke
  • Steuersatz: Generell 20% (Erleichterungen für Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe)
  • Besteuert wird das Erbe (also der Nachlass), nicht der einzelne Erbe. Bei einer Schenkung wird der Schenker besteuert, nicht der Beschenkte
  • Erbschaften und Schenkungen unter Ehepartnern sowie an steuerbefreite jur. Personen sind steuerfrei
  • Begünstigte der Steuern: 1/3 geht an die Kantone, 2/3 in die AHV

Generelle Fakten zu Erbschafts- und Schenkungssteuern:
Es handelt sich um eine Mehrfachbesteuerung. Beispiel: Ein Mann arbeitet ein Leben lang und spart regelmässig einen Teil des verdienten Geldes. Jeweils in dem Jahr, in dem der Mann das Geld verdient hat, liefert er Einkommenssteuern darauf ab. Das Geld, das er spart, unterliegt Jahr für Jahr der Vermögenssteuer. So wird auf dem gleichen Franken jedes Jahr erneut eine Steuer erhoben. Nach seinem Tod erben seine Kinder das Geld. Dabei fällt nun auf demselben Geld auch noch eine Erbschaftssteuer an. Sind noch Liegenschaften im Spiel, kommt unter Umständen auch noch eine Grundstückgewinnsteuer dazu.

Werden Geschäftsbetriebe vererbt, ist das Vermögen in der Regel im Unternehmen gebunden. Beispiel: Ein Mann vererbt seinen Schreinerbetrieb an seinen Sohn. Auf dem Wert des Betriebs (inkl. Maschinen, Gebäude, usw.) wird nun eine Erbschaftssteuer berechnet, die der Sohn bar bezahlen muss. Der Sohn ist also gezwungen, so viel flüssiges Geld aufzubringen, dass er die Steuer zahlen kann. Oft muss dafür ein Teil des Betriebs liquidiert werden.

Mögliche Probleme / Nachteile der Initiative:
Das grösste Problem ist die Rückwirkung. Die Initiative sieht vor, dass die Erbschafts- und Schenkungssteuer bei Annahme rückwirkend auf den 1. Januar 2012 wirken soll. Das wirft rechtliche Fragen auf, wie Erbschaften und Schenkungen aus den Jahren 2012 bis Inkrafttreten eines neuen Gesetzes zu behandeln sind. Das Initiativkomitee macht geltend, dass es sich nicht um eine (verbotene) Rückwirkung handle sondern um eine Vorwirkung.


Beispiel:

Der Vater schenkt seiner Tochter im Jahre 2012 3 Mio CHF (steuerfrei da direkte Nachkomme). 2015 wird das neue Gesetz in Kraft gesetzt. Der Vater stirbt 2015 und hinterlässt kein Vermögen. Die 3 Mio CHF Schenkung werden zum Nachlass gerechnet, dieser beträgt also 3 Mio CHF, abzüglich 2 Mio CHF Freigrenze - es bleiben 1 Mio CHF zur Versteuerung zu 20%, d.h. es fällt eine Steuer an von CHF 200'000, obwohl die Schenkung 2012 vom Kanton mit null rechtsgültig veranlagt wurde. Will die Tochter das Erbe antreten, muss sie die Steuer zahlen. Da der Vater aber kein Vermögen mehr hinterlassen hat, muss sie die CHF 200'000 aus der eigenen Tasche begleichen. Kann oder will sie das nicht, muss sie die Erbschaft ausschlagen. Damit verliert sie jedoch auch das Recht auf persönliche Gegenstände des Vaters, z.B. Erinnerungsstücke. Zudem geht selbst das Initiativkomitee davon aus, dass im Endeffekt die Erbengemeinschaft für die gesamte Steuer haftbar gemacht werden kann, die Steuer also trotz ausgeschlagenem Erbe eingetrieben werden kann.
Angenommen, die Schenkung bestand nicht aus Barvermögen sondern aus einer Unternehmung. Dann wäre das Kapital gebunden und die Tochter müsste die Steuer aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen finanzieren bzw. der Unternehmung entziehen. Damit würde das Unternehmen wirtschaftlich geschwächt.
 Würde der Vater bereits 2013 sterben, würde die ganze Schenkung steuerfrei bleiben, weil zu dem Zeitpunkt noch immer kantonales Recht gelten würde.

Die Freigrenze von 2 Mio. CHF macht insofern Sinn, dass nur grössere Erbschaften besteuert würden. Gerade bei vererbten Unternehmungen verfälscht diese willkürliche Grenze aber den Zweck. So müssen Erben von anlageintensiven Betrieben Steuern zahlen, auch wenn der Betrieb wirtschaftlich nicht sonderlich interessant ist. Erben von wenig anlageintensiven Betrieben zahlen keine Steuern, selbst wenn es sich um wahre Goldgruben handelt.

Der zweckgebundene Beitrag an die AHV löst deren strukturelles Problem nicht. Das Problem, dass immer weniger Erwerbstätige immer mehr Rentner finanzieren, wird durch die heute schon zahlreichen Quersubventionen nicht gelöst sondern höchstens aufgeschoben.

Fazit:
Bei einer allfälligen Abstimmung gilt es alle Argumente abzuwägen.
Wer ab dem Jahr 2012 in Genuss einer grösseren Schenkung kommt, sollte sich der möglichen nachträglichen Steuerlast bewusst sein. Stirbt der Schenkende vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes, ändert sich an der Besteuerung nichts. Stirbt der Schenkende nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes, wird die Schenkung rückwirkend besteuert. Haftbar für die Steuer dürfte die Erbengemeinschaft sein, nicht nur der ursprünglich Beschenkte.

Quellen:


Positionspapier der Treuhand Suisse vom 25. Oktober 2011

www.erbschaftssteuerreform.ch